Als ich 2018 bei meinem ersten Marathon in Graz so ziemlich alles falsch gemacht habe was man nur falsch machen kann habe ich Anfang 2019 begonnen mein Training auf neue Beine zu stellen. Es brauchte mehr Struktur und vor allem mehr Kilometer. Mit 2 bis 3 30 Kilometerläufen lässt sich kein Marathon erfolgreich finishen …
Im Juni 2020 fühlte ich mich – auch Dank eines fantastischen Trainingsplan – bereit den Mozart100 Marathon in Salzburg in Angriff zu nehmen. Da der Lauf aufgrund von Corona abgesagt wurde verlegte ich den Lauf als „private Veranstaltung“ in den Wienerwald und lief dort 43,7 Kilometer und 1682 Höhenmeter unter 6 Stunden. Ab dem Tag war mir klar dass ich noch mehr möchte! Mit 40 wollte ich meinen ersten Ultralauf in Angriff nehmen.
Im Sommer 2020 habe ich mich spontan zur „halben G‘schicht“ beim Wien Rundumadum angemeldet. Der Lauf führt 61 Kilometer rund um halb Wien. Gestartet wird im Donaupark, gefinished ebenfalls.
Mitte August habe ich wieder mit einem 12-wöchigen Trainingsplan begonnen um mir den letzten Feinschliff für meinen ersten Ultralauf zu holen.
Am 31.10.2020 fiel für mich um kurz vor 12:00 Uhr der Startschuss zu einer Reise ins Ungewisse.
Nach nicht mal 50 Meter bog ich im Donaupark schon zum ersten Mal falsch ab …
Nach ca. 1 Kilometer hielt mich zum ersten Mal die Polizei auf um zu fragen wo denn der Lauf starte. Aber danach kam ich langsam in einen Flow. Von Kilometer 2 bis ca. Kilometer 5 lief ich mit Christian. Wir haben uns auf der Stecke kennengelernt und uns angeregt übers – na was sonst – Laufen unterhalten! Da er und sein Laufpartner ihre Geschwindigkeit kaum drosseln konnte lies ich sie alleine weiterlaufen. Ich konnte zwar locker mithalten, wollte aber am Anfang keinesfalls zu viel Kraft verpulvern. Allzu sehr hörte ich die mahnende Stimme in meinem Kopf: „Erinnere dich was bei deinem ersten Marathon in Graz passiert ist“!
In der Lobau zeigte sich der Herbst nochmal von seiner schönsten Seite. Nachdem der Kilometer 20 erreicht war war ich allerdings froh dass der Weg raus aus der Lobau führte. Irgendwie hatte ich dann genug von Bäumen, Bäumen und noch mehr Bäumen.
Bei Kilometer 21 wäre die erste Labe gewesen. Da aufgrund von Corona aber Selbstverpflegung angesagt war ließ ich die Labe hinter mir und begnügte mich mit einer Semmel aus meinem Rucksack. Es ging relativ unspektakulär weiter quer durch den 22. Bezirk. Irgendwann war die Hälfte vom Lauf erreicht. Die zweite Labe ließ ich ebenfalls hinter mir da in Gerasdorf Gabi, Sarah und mein Vater auf mich warteten. Nachdem ich meine Vorräte aufgefüllt und mich kurz ausgeruht hatte ging es mit frischem Elan und Begleitung meines Vaters weiter Richtung Bisamberg. Mittlerweile waren es ja nur mehr ca. 25 Kilometer bis ins Ziel. Am Weg Richtung Stammersdorf ging es den Marchfeldkanal entlang. Das Stück bis Stammersdorf erschien mit endlos lange. Aber ich konnte immer wieder ein paar LäuferInnen überholen. Danach begann die Steigung zum Bisamberg. Zuerst mussten wir auf den Rendezvousberg und von dort weiter auf den Bisamberg. Eigentlich sind beide Berge ja relativ harmlose Erhebungen. Aber zu dem Zeitpunkt kam es mir eher vor als ob der Großglockner vor mir lag. Um bei Kräften zu bleiben versuchte ich weiterhin zu essen. Da mein Mund zu dem Zeitpunkt – immerhin war der Marathon bereits gelaufen – aber schon zu sehr ausgetrocknet war konnte ich die Semmel nur noch mit sehr viel Wasser hinunterwürgen. Was für ein Glück dass ich zu dem Zeitpunkt noch ein Gel bei mir hatte. Wir kämpften uns also im traumhaften Sonnenuntergang den Bisamberg hinauf.
Oben angekommen genossen wir kurz den Ausblick auf Wien um danach im Schein der Stirnlampen die letzten 15 Kilometer in Angriff zu nehmen.
Beim Bergablaufen Richtung Stammersdorf bekam ich zu allem Überfluss auch noch heftiges Seitenstechen. Das war insofern ärgerlich weil ich dadurch den Vorteil bergab schneller laufen zu können kaum bis gar nicht nutzen konnte. In Strebersdorf angekommen wurde ich von einer Gruppe jugendlicher Helloween-Verkleideter angefeuert. Ab nun waren es nur noch 10 Kilometer bis ins Ziel. Am Marchfeldkanal zahlten sich unsere Stirnlampen nochmal richtig aus da es dort stockdunkel war. Nachdem wir den Hubertusdamm erreicht hatten ging es die letzten Kilometer schnurgerade bis ins Ziel. Ich rief Gabi an um mich zu erkundigen ob ich mein Ziel unter 7 Stunden zu bleiben erreichen würde. Obwohl ich meine Laufuhr oben hatte war ich nicht mehr ganz Herr meiner Sinne bzw. im Stande die Lage abzuschätzen …
Die letzten 2 Kilometer ab der U6-Station Neue Donau waren wohl die längsten in meinem Leben. Man sieht ja die Gebäude auf der Donauplatte schon von weitem, aber näher kommen sie gefühlt so gar nicht. Nachdem wir in der Donau-City auf dem letzten Kilometer auch noch falsch abgebogen waren stieg meine Nervosität das Ziel noch in der gewünschten Zeit zu erreichen ins Unermessliche! Noch dazu wo ich mich – obwohl ich nur mehr dem Track auf meiner Uhr nachlaufen musste – überhaupt nicht mehr an die Gegend erinnern konnte. Witzigerweise war ich dort ja vor rund 7 Stunden – allerdings bei Tageslicht und in die Gegenrichtung – gestartet. Nachdem wir die Tür zum Sportcenter Donaucity passiert hatten war mir klar dass ich mein Vorhaben geschafft habe. Es ging nun die letzten 200 Meter bis ins Ziel wo ich nach 6:52:22 die Ziellinie überschritt und nach der Übergabe der Medaille am Boden lag um das Geschaffte erstmal zu realisieren.
Nachdem wir noch den Zieleinlauf meines Schwagers – der die 130 Kilometer gelaufen ist – abgewartet haben fuhren wir nach Hause.
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Am 01.08.2020 habe ich mich zu meinem ersten Ultralauf angemeldet. Ich werde wieder nach dem Trainingsplan von xc-run.de trainieren. Dieser hat mich schon erfolgreich zu meinem Marathon im Wienerwald geführt. Natürlich ist ein Ultralauf mit 61 Kilometern nochmal um knapp 20 Kilometer mehr. Aber dafür sind es ja am 31.10. nur ca. 400 Höhenmeter. Ach ja, teilnehmen werde ich an der „Halben G’schicht“ vom Wien Rundumadum.
07.09.2020
Da ich fürs kommende Wochenende überraschend zu einem Wochenendtrip eingeladen wurde musste ich meinen Trainingsplan für diese Woche ein wenig ändern. Eigentlich wäre am Montag ein 45-minütiger Regenerationslauf am Programm gestanden. Stattdessen habe ich das Intervalltraining vom Mittwoch vorgezogen: 15 Minuten einlaufen – 10 x 1:30 / 1 – 20 Minuten auslaufen
Ich dachte dass es eher zach wird – nach dem langen Lauf gestern – heute Intervalle zu laufen. Aber zu meiner Überraschung lief es so als ob ich gestern gar nicht gelaufen gewesen wäre? Darüber werde ich mich aber sich nicht beschweren … 🙂
07.10.2020
Letzte Woche kam ein Newsletter von den Veranstaltern vom „Wien Rundumadum“. Es werden sich ein paar Dinge beim Lauf ändern, aber der Lauf findet – stand jetzt – statt. Das ist meiner Meinung nach das Wichtigste! Nichtsdestotrotz muss man aufgrund steigender Coronazahlen bis zum Schluss mit einer eventuellen Absage rechnen. Aber egal, ich werde trotzdem laufen. Und bis dahin versuche ich mich mit Berichten anderer Ultranovizen geistig auf meinen bisher längsten Lauf vorzubereiten. Videos von meinen derzeitigen langen Läufen gibt es hier zu sehen: https://www.youtube.com/channel/UCCEuhVIpZNzMlxZEUIMUiKQ?view_as=subscriber
10.10.2020
Heute stand der letzte Longjog mit 210 Minuten am Programm. Da ich die Strecke etwas zu weit geplant hatte kam ich auf auf ca. 230 Minuten und 35 Kilometer. Ich habe mich gut gefühlt und hätte auch noch weiterlaufen können. Aber gut, so soll es ja sein. Immerhin möchte ich am 31.10. 60 Kilometer laufen.
Je näher der 31.10. rückt desto mehr frage ich mich welche Strategie ich fürs Rennen wählen soll. Eigentlich lautet die Strategie ja langsam zu laufen. Aber ich bin mir nicht sicher ob zu langsames laufen wirklich Sinn macht. Irgendwie habe ich das Gefühl dass ich bei den langsamen Läufen noch langsamer als gewollt werde. Andererseits habe ich dadurch aber auch noch nach 35 Kilometern Lust weiterzulaufen. In dem Punkt wäre es echt fein Rat von jemanden zu bekommen der hier schon Erfahrung hat …
20.10.2020
„Es läuft …!“ Nur noch 11 Tage bis zum Wien Rundumadum. Heute habe ich meinen letzten Longjog (2 Stunden) absolviert. Jetzt folgen nur noch kleine Einheiten. Ich bin – ehrlich gesagt – schon recht aufgeregt. Immerhin öffne ich am 31.10. zum ersten Mal die Tür zur Welt der Ultraläufer! 🙂 Aber mehr als schiefgehen kann es ja nicht. Wobei ich davon jetzt mal nicht ausgehe …